„Die Würde des Menschen ist unantastbar …“ – mit diesen und weiteren Grundrechten befassten sich die 52 Schülerinnen und Schüler der drei 6. Klassen der Grundschule Trebbin am vergangenen Montag. Auf Einladung unserer Bundestagsabgeordneten, Jana Schimke, machten wir uns auf den Weg, um zu erfahren, wer sich die Gesetze, die um uns herum gelten, ausdenkt und beschließt.
Zunächst durchliefen wir etwas aufgeregt und gespannt die Sicherheitskontrolle, die den Kindern, die bereits einmal geflogen sind, bekannt war. Die Wartezeit bis zum Beginn der kindgerechten Führung verbrachten wir mit ersten Erkundungen. Anhand von „Tastmodellen“, die für Sehbeeinträchtigte geeignet sind, sich einen Eindruck sowohl vom Reichstagsgebäude als auch von der näheren Umgebung zu verschaffen, konnten wir erste Impressionen sammeln und natürlich auch selbst anfassen.
Dieses von Sir Norman Foster (britischer Architekt) in den 1990er Jahren sehr stilvoll umgebaute Parlamentsgebäude ist wirklich sehr beeindruckend. Im Andachtsraum des Bundestages nahmen wir Platz, um zu schauen, wie hier gläubige Parlamentarier die Möglichkeit haben, Sinn zu finden.
Entlang der Gemäuer im hinteren Teil des Gebäudes war zu erkennen, dass die russischen Befreier nach dem Krieg viele kyrillische Inschriften hinterlassen hatten. Diese sehr beeindruckenden Zeitdokumente sind erhalten worden. Ein ukrainischer Schüler der 6c konnte hier einige Schriften für uns übersetzen. Sie mahnen, eine solch schlimme Zeit nie wieder entstehen zu lassen.
In der Bibliothek des Deutschen Bundestages erfuhren wir, dass die Werke der 33 Stenografinnen und Stenografen hier in unzähligen Bänden zusammengefasst wurden. Sie erbringen Spitzenleistungen bei der Mitschrift der Sitzungen des Bundestages und werden alle 5 Minuten abgelöst. Die Aufzeichnungen müssen alle Dialekte und Zwischenrufe exakt erfassen.
Der Bundestag beheimatet viel Kunst, die sich mit der deutschen Zeitgeschichte und mit Ethik auseinandersetzt. So sollen die Politiker immer daran erinnert werden, dass eine funktionierende Demokratie die beste Lösung menschlichen Zusammenlebens ist. Auch auf das Dritte Reich wird immer wieder mahnend hingewiesen mit der Aufforderung, sich dafür einzusetzen, dass so etwas nie wieder passieren kann.
Auf der Besuchertribüne im Plenarsaal wurde uns das ganze Ambiente bewusst. Der fast 60 m² große Bundesadler, der auch „Fette Henne“ genannt wird, thront als großes Wandrelief im Plenarsaal. Und ein Kind wusste, dass der Adler auf der Rückseite etwas freundlicher ausschaut, weil Sir Norman Foster diese neu gestaltet hatte.
Mit dem Wissen im Gepäck, wo welche Fraktion ihren Platz hat, was der Bundestagspräsident macht, was der „Hammelsprung“ bedeutet und wo der Bundeskanzler sitzt, wurden wir von unserer Gastgeberin Jana Schimke begrüßt, die sich unseren Fragen stellte.
Und so viele Fragen taten sich auf:
„Welchen Beruf muss man haben, um Politiker werden zu können?“ – „Politiker“ sei kein Beruf und um Volksvertreter werden zu können, muss man nicht zwangsläufig einen Beruf haben. Es sei aber sinnvoll, da das Amt eines Politikers immer ein „Amt auf Zeit“ sei.
Was verdient man als Politiker? – Die Entschädigung eines Politikers nennt man „Diät“ und orientiert sich an der eines Richters an einem Bundesgericht und betrüge zur Zeit circa 10.000 €. Davon müssen aber Steuern und Abgaben gezahlt werden.
Wie sieht der Arbeitstag eines Politikers aus? – Das sei sehr unterschiedlich – je nach dem, ob Sitzungswoche im Bundestag sei oder ob man im Wahlkreis unterwegs sei und die tägliche Arbeitszeit könne manchmal auch mehr als 15 Stunden betragen – aber es gäbe natürlich auch Freiräume.
Was würde passieren, wenn Europa und Amerika all seine Waffen an die Ukraine und China all seine Waffen an Russland liefern würde – wäre da der Krieg nicht schneller zu Ende? Das würde wohl kaum ein Land machen, denn dann könnte es sich selbst nicht mehr verteidigen. Sehr interessante Gedankengänge der Sechstklässler*innen!
Nun war Action angesagt und wir durften auf die Reichstagskuppel. Zuvor erhielten wir aber noch ein Exemplar unseres Grundgesetzes und weitere Literatur, deren Inhalt wir hoffentlich nicht in der nächsten Klassenarbeit wiedergeben müssen.
Mit dem Fahrstuhl auf die Dachterrasse und von dort bis ganz nach oben auf die Kuppel – so hatten wir einen herrlichen Ausblick auf die ganze Stadt. Aber man kann von der Kuppel aus auch direkt in den Plenarsaal schauen und dort den Abgeordneten bei der Arbeit zugucken – wenn sie dann da sind!
Auf der Dachterrasse machten wir ein Picknick und genossen die schöne Atmosphäre, bevor wir uns auf den Heimweg machten.
Die gewonnenen Eindrücke können wir in unserem zukünftigen Leben sicherlich sehr gut gebrauchen, denn einige von uns „arbeiten“ ja auch schon in Gremien als Klassensprecher*in oder in der Schulkonferenz, in der auch demokratisch abgestimmt wird – genau wie im Bundestag.
Jörg Siegmann
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